Am Sonntag, den 28. Mai 2023 kamen bei einer Klausur im Bildungshaus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) alle Bildungsreferent*innen der Islamischen Religionsgemeinden der Bundesländer sowie jene der Kultusgemeinden der IGGÖ zusammen, um eine Evaluierung der Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten Studie „Koranschulen in Oberösterreich“ vorzunehmen.
Aufgrund der großen Diversität an ethnischen Backgrounds, Erstsprachen und Traditionen innerhalb der muslimischen Bevölkerung in Österreich, aber auch der Strukturen sowie finanziellen und personellen Ressourcen der unterschiedlichen Organisationen, ist die Bildungslandschaft der Moscheen besonders komplex. Unterschiede bestehen auch in den Bedürfnissen und Erwartungen ihrer Mitglieder. Um ein tieferes Verständnis für diese unterschiedlichen Perspektiven zu gewinnen, wurde den Bildungsbeauftragten und Teilnehmer*innen der unterschiedlichen Einrichtungen daher ausreichend Raum gegeben, ihre grundsätzlichen Erfahrungen und Herausforderungen in Bezug auf den Moscheeunterricht darzulegen und allgemeine Zielsetzungen für den Moscheeunterricht zu formulieren.
In einer detaillierten Analyse der Studienergebnisse wurden schließlich die Bereiche identifiziert, in denen besonderer Bedarf für Verbesserungen besteht. Dies betrifft sowohl die Organisation des Unterrichts selbst als auch das Lehrpersonal und die Entwicklung von Unterrichtsmaterialien. Für viele Bereiche wurden konkrete Handlungsempfehlungen und Kriterien erarbeitet, wie z. B. die Fortbildung von Lehrkräften und die Förderung ihrer Sprachkenntnisse, die Entwicklung gemeinsamer Lehrpläne, die Einführung interaktiver Lernmethoden oder die Integration zeitgemäßer Themen in den Unterricht. Dadurch sollen den Kindern und Jugendlichen geholfen werden, ihre Religion im Kontext der heutigen Welt und ihrer Herausforderungen zu verstehen und eine positive Verbindung zwischen ihrem Glauben und ihrer Umwelt herzustellen. Der Moscheeunterricht sollte idealerweise eine Ergänzung zum islamischen Religionsunterricht an Schulen darstellen, in dem das dort Gelernte reflektiert und vertieft wird und der Glaube in der Gemeinschaft erlebt werden kann.
“Dass die wichtigsten Akteur*innen der Kultus- und Religionsgemeinden zusammengekommen sind, um sich intensiv mit diesem Thema auseinanderzusetzen, zeigt, dass alle einen Handlungsbedarf erkannt und ein ehrliches Interesse an einer Verbesserung des Bildungsangebots in ihren Moscheen haben, insbesondere an der Umsetzung aktueller pädagogischer Standards”, so Religionspädagoge Muharrem Keskin, Bildungsreferent der IRG Oberösterreich.
Die Tatsache, dass der Großteil der Aktivitäten innerhalb der Moscheen ehrenamtlich erfolgt und die Abhängigkeit der Einrichtungen von Spendengeldern stellen eine bedeutende Herausforderung für die schnelle Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen dar. Es bedarf daher der Anerkennung der Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Bildung in den Moscheen seitens der Politik und ihrer Beteiligung bei der Suche nach Lösungen zur Unterstützung der Bildungseinrichtungen. Dies geschieht bereits an einigen Orten auf Landesebene durch gezielte Förderprogramme und Kooperationsprojekte.
In den Diskussionen wurde auch deutlich, dass der Beitrag, den viele Moscheen bereits jetzt für die Gesellschaft leisten, sei es im sozialen Bereich, bei der Organisation von Nachhilfeangeboten oder Sport- und Freizeitaktivitäten, sowie im interreligiösen und nachbarschaftlichen Dialog, in gesellschaftspolitischen Debatten kaum gewürdigt wird. Es ist wichtig, sie dabei zu unterstützen, ihre Aktivitäten sichtbarer zu machen. Neben der Förderung der Entwicklung lebendiger, moderner und qualitativ hochwertiger Bildungsangebote in den Moscheen ist dies sicherlich eine wichtige Aufgabe der IGGÖ.
“Unsere Gemeinden tragen die Verantwortung, nicht nur religiöses Wissen und Werte an unsere Jugend zu vermitteln, sondern auch sie zu verantwortungsbewussten Mitgliedern der Gesellschaft zu formen. Dabei stehen sie vor zahlreichen Herausforderungen, bei deren Bewältigung wir sie als IGGÖ bestmöglich unterstützen möchten. Unser Ziel ist es, dass unsere Jugend nicht nur eine bestmögliche religiöse Erziehung erfährt, sondern auch zu selbstbewussten und mündigen Bürger*innen heranwächst, für die es keinen Widerspruch darstellt, sich gleichzeitig als muslimisch und österreichisch zu identifizieren!”, resümiert IGGÖ-Präsident Ümit Vural.