Offener Brief an Bundesministerin Raab

02.06.2021 | Gemeinden, News, Presseaussendungen, Stellungnahmen

Kultusgemeinden der IGGÖ: Die „Islamlandkarte“ gefährdet die Sicherheit unserer Einrichtungen und Mitglieder!

An

MMag.a Dr.in Susanne Raab
Bundesministerin für Frauen, Integration, Familie und Jugend im Bundeskanzleramt

Österreichischen Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus (Dokumentationstelle Politischer Islam)

Institut für islamisch-theologische Studien
Universität Wien

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir, die Kultusgemeinden der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, fordern Sie auf, unverzüglich die Veranlassung der Offline-Stellung der von Ihnen vergangene Woche präsentierten „Islamlandkarte“ zu veranlassen.

In Österreich gewährleistet die Säkularität der Rechtsordnung, die weltanschauliche Neutralität des Staates und das Kooperationsmodell zwischen Staat und Religionen die prinzipielle rechtliche Gleichstellung religionsverschiedener BürgerInnen. Wie auch alle anderen staatlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sind unsere Einrichtungen seit Jahrzehnten um die bundesweite Sicherung der freien und öffentlichen Ausübung der religiösen Bedürfnisse unserer Mitglieder bemüht und setzen uns für ihre positive und solidarische Verankerung in unserer demokratischen Gesellschaftsordnung ein.

Die muslimische Lebensweise ist keineswegs der individuellen Identifikation als integrierter Teil der österreichischen Gesellschaft entgegengesetzt. Um diese Anerkennung zu festigen, muss der Dialog der politischen VerantwortungsträgerInnen mit den muslimischen InteressensvertreterInnen jedoch gepflegt und die Förderung verstärkter Teilhabe von MuslimInnen am gesellschaftlichen Leben unterstützt werden.

Leider müssen wir aktuell miterleben, dass genau das Gegenteil der Fall ist: Die von Ihnen geführte öffentliche Debatte stilisiert den Islam und die österreichische Gesellschaft zu Gegenpolen und stigmatisiert pauschal alle MuslimInnen und ihre Einrichtungen als potenzielle Gefahr für die Gesellschaft und demokratische Rechtsordnung. Die veröffentlichte „Islamlandkarte“ nährt diese Verdachtskultur und schürt Misstrauen und Angst, statt für Transparenz und Aufklärung zu sorgen. In keinem Fall jedoch stellt sie ein wirksames Mittel zur Bekämpfung extremistischer Ideologien und Gruppierungen dar.

Wären Sie an einem ehrlichen Dialog interessiert, hätten Sie sich zumindest die Mühe machen müssen, im Vorfeld Ihrer Präsentation an die Islamische Glaubensgemeinschaft und unsere Kultusgemeinden heranzutreten, um etwaige Missverständnisse auszuräumen. Diese Chance ist nun leider vertan.

Wir schließen uns daher der Forderung des Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Mag. Ümit Vural an: Nehmen Sie das Projekt vom Netz und riskieren Sie nicht weiter die Sicherheit unserer Einrichtungen und ihrer Mitglieder!

Share This